Veranstaltung: | Stadtversammlung am 28.11.2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 3 Schwerpunktthema |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Samuel Moser |
Eingereicht: | 31.10.2022, 08:37 |
A Für eine Tunnellösung beim viergleisigen Ausbau der Bahntrasse Zamdorf-Johanneskirchen
Beschlusstext
Seit 2016 steht fest, dass der viergleisige Ausbau der ca. 2,7 km langen
Bahntrasse zwischen Zamdorf und Johanneskirchen kommt. Diese Strecke leitet den
Güterverkehr aus dem Münchner Osten auf den Nordring Richtung Hamburg und
Bordeaux. Aufgrund einer fatalen Entscheidung des ehemaligen
Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt wurde im damaligen
Bundesverkehrswegeplan (eigentlich Bundesschienenwegeausbaugesetz) festgelegt,
dass der Brenner Nordzulauf ausschließlich über München abgewickelt wird. Eine
alternative Strecke von Rosenheim über Mühldorf und Landshut nach Regensburg
wurde aus zweifelhaften Gründen wieder rausgestrichen. Vor diesem Hintergrund
muss die Strecke zusätzlich sowohl den Güterverkehr vom Brenner-Basistunnel als
auch von der Ost-West-Magistrale Paris-Bratislava bewältigen. Dies ist auf den
bestehenden S-Bahn-Gleisen nicht mehr möglich, weshalb der viergleisige Ausbau
unzweifelhaft notwendig ist. Klar ist aber: Nicht die Stadt war Initiatorin des
Ausbaus, sondern der Bund aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen mit Italien
und Österreich und der Festlegung im Verkehrswegeplan.
Im Jahr 2019 stellte die Bahn das Ergebnis der Variantenplanung vor, bei der ein
Ausbau der Trasse 1. ebenerdig, 2. in Troglage und 3. als Tunnelvariante geprüft
wurde. Die Kosten für die Tunnelvariante wurden auf 2,4 Mrd. Euro beziffert, was
im Vergleich zum ebenerdigen Ausbau Mehrkosten von 1,5 Mrd. Euro bedeutet. Auf
Grundlage einer unabhängig durchgeführten Kosten-Nutzen-Rechnung präferierte die
Bahn den ebenerdigen Ausbau und verfolgt diese seitdem als sog. Vorzugsvariante.
Die Troglage verbindet alle Nachteile der anderen beiden Varianten und schied
daher von vornherein aus. Sowohl der Stadtrat als auch der Bezirksausschuss
Bogenhausen sprachen sich trotz der höheren Kosten eindeutig für die
Tunnelvariante aus.
Die Tieferlegung der Bahntrasse ist schon seit über 30 Jahren ein Thema, auch
vorangetrieben durch eine lokale Bürgerinitiative. Die Variantenuntersuchung hat
jedoch nochmal eindeutig die Vorteile einer Tunnellösung aufgezeigt. Bei einer
Tieferlegung würde der gesamte Stadtbezirk von Lärm und Erschütterung des
Güterverkehrs entlastet. Bei einem ebenerdigen Ausbau hingegen müssten für 29
Mio. Euro Lärmschutzmaßnahmen gebaut werden. Diese wären bis zu 8 Meter hoch und
damit höher als die Berliner Mauer. Selbst mit diesen Lärmschutzmaßnahmen ist
immer noch mit einer durchweg höheren Belastung der Anwohner*innen zu rechnen,
insbesondere für die Hochhäuser in Johanneskirchen. Aber der wichtigste Punkt
ist, dass der Tunnel die räumliche Trennung des Stadtbezirks aufheben würde.
Beim ebenerdigen Ausbau wäre eine Querung der Bahntrasse nur mit Brücken oder
Unterführungen möglich, was die Abschottung der Ortskerne Daglfing und
Johanneskirchen auf Dauer verstetigen würde. Zudem plant die Stadt München auf
dem Gebiet direkt östlich der Bahn das größte Neubaugebiet Europas. Sowohl die
Bürger*innen als auch der Bezirksausschuss sind sich in einer Hinsicht einig:
Die vorgesehene Bebauung ist ohne die Tieferlegung der Bahntrasse nicht in
vollem Umfang möglich, da eine leistungsfähige Erschließung des Gebiets durch
die Barrierewirkung der Bahntrasse verhindert wird. Bei der Tunnelvariante wäre
die Oberfläche für Fuß- und Radverkehr zugänglich und es würde eine neue
Erholungsfläche zwischen Bestandsbebauung und Neubaugebiet entstehen. Auch die
geplante Radschnellverbindung nach Markt Schwaben profitiert von einer
Tieferlegung.
Der Stadtrat hat sich 2020 aus diesen Gründen ganz klar für die Tunnelvariante
ausgesprochen und die parallele Feinplanung der Tunnelvariante auf Kosten der
Stadt beschlossen. Die Feinplanung wird voraussichtlich im kommenden Jahr
abgeschlossen. Die letztendliche Entscheidung, welche der Varianten realisiert
wird, liegt beim Bundestag. Da die Bahn jedoch nur die Kosten für die
Vorzugsvariante (ebenerdiger Ausbau) übernimmt, müssen die Mehrkosten von ca.
1,5 Mrd. Euro aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Die Stadt München ist
finanziell nicht in der Lage, diese Mehrkosten allein zu stemmen. Da der Brenner
Nordzulauf der Grund für den Ausbau ist, sehen wir hier die Stadt auch nicht in
der Verantwortung. Weil auch die S-Bahn massiv von einer Tieferlegung
profitiert, hat auch der Freistaat seinen Anteil zu leisten, denn dieser ist für
den Nahverkehr zuständig. Wir streben daher eine faire Aufteilung der Mehrkosten
zwischen Stadt, Freistaat und Bund an.
Ein weiteres Problem bei der Bewertung der Varianten liegt darin, dass sich die
Bahn an die im Verkehrswegeplan festgeschriebenen Zugzahlen von 2010 halten
muss, auch wenn inzwischen neuere Studien vorliegen, die ein massiv höheres
Güterverkehrsaufkommen für den Brenner Nordzulauf prognostizieren. Während also
die Bewertung der Varianten auf Grundlage einer Prognose von 226 Güterzügen pro
Tag erfolgte – was bereits das Dreifache des heutigen Aufkommens bedeutet – geht
zum Beispiel die Trimodie-Studie von mindestens 400 Zügen pro Tag aus zzgl. des
S-Bahnverkehrs. Das würde bedeuten, dass alle dreieinhalb Minuten ein Güterzug
vorbeifährt. Durch den Ausbau soll außerdem die Fahrtgeschwindigkeit von bislang
60-80 km/h auf bis zu 120 km/h erhöht werden, was die Immissionen noch
verstärkt. Das Bundesverkehrsministerium erhebt zurzeit neue Zahlen, um eine
aktualisierte Prognose abgeben zu können. Diese Erhebung soll im kommenden Jahr
abgeschlossen sein. Wir fordern daher eine Neubewertung der Varianten nach
Abschluss der Feinplanung auf Grundlage der neuen Prognosen, bevor eine
endgültige Entscheidung gefällt wird.
Für uns Grüne ist klar: Wir befürworten den viergleisigen Ausbau der
Bahnstrecke. Sie ist ein wichtiger Baustein, um den Güterverkehr von der Straße
auf die Schiene zu bringen und hat auch für den Nahverkehr positive
Nebeneffekte. Aber der Ausbau ist nur als Tunnelvariante für die Anwohner*innen
verträglich und mit den Entwicklungsplänen der Stadt vereinbar. Einen
ebenerdigen Ausbau lehnen wir kategorisch ab. Die oberste Priorität liegt jetzt
darin, eine Lösung für die Übernahme der Mehrkosten der Tunnelvariante zu
finden. Wir setzen uns dafür ein, dass noch vor der Bundestagsentscheidung eine
verbindliche Vereinbarung zwischen Bund, Freistaat und der Stadt München für
eine faire Aufteilung der Mehrkosten ausgehandelt wird.
Der Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen München fordert daher sämtliche Münchner
Mandatsträger*innen dazu auf, sich intensiv und dauerhaft mit allen beteiligten
politischen Ebenen zu vernetzen und für eine Aufteilung der Mehrkosten der
Tunnelvariante zu werben. Insbesondere sollen sich die Münchner
Bundestagsabgeordneten mit den Mitgliedern des Verkehrsausschusses der
Regierungsfraktionen im Bundestag besprechen und um Unterstützung bei der
Entscheidung für den Tunnel bitten. Der Stadtrat und der Oberbürgermeister
werden aufgefordert, die Verhandlungen mit Freistaat und Bund kontinuierlich
fortzusetzen und nach Abschluss der Feinplanung nur einem Ausbau im Tunnel
zuzustimmen. Bei der Bewertung der Varianten müssen dabei die neuen Zugzahlen
herangezogen und prioritär berücksichtigt werden.
Antragsteller*innen:
Samuel Moser (BA), Petra Cockrell (BA), Angelika Pilz-Strasser (Stadträtin),
Georg Ashton (OV-Sprecher), Regina Kizmann (OV-Sprecherin), Fabian Sauer
(Landtagskandidat für den Stimmkreis Bogenhausen)