Antrag: | Positionspapier Bebauungsplan 2147 - Paketpost-Areal |
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Antragsteller*in: | Ekkehard Pascoe |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 18.03.2021, 17:41 |
Ä2 zu A 3: Positionspapier Bebauungsplan 2147 - Paketpost-Areal
Antragstext
Von Zeile 292 bis 294:
idealerweise das beabsichtigte Verkehrsgutachten einbeziehen bzw. teilräumlich präzisieren. Ziel sollte hier sein, die Verkehrswende vorauszudenken und die aktuelle Stellplatzsatzung anzupassen.Ziel sollte sein, einem wesentlichen Nutzeranteil eine autofreie Verbindung zu ermöglichen. Hierfür wird ein zeitgemäßes, hauseigenes Verkehrsmanagement eingeführt.
Das Areal an der Paketposthalle in Neuhausen-Nymphenburg erhält seit der
Vorstellung der Planungen des Investors nicht nur seitens der städtischen
Verwaltung (bspw. durch das bevorstehende Bürgergutachten) sondern auch in der
Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit. Es ist eines der größeren
innerstädtischen Entwicklungsgebiete Münchens, das jedoch komplett in privater
Hand ist.
Die öffentliche Diskussion konzentriert sich weitestgehend auf die Frage der
geplanten Hochhäuser, doch die Gestaltung des Areals wirft noch viel mehr
spannende und zukunftsweisende Fragen auf. Die Nutzung der Halle, deren Fläche
ca. viermal so groß ist wie der Marienplatz, kann weit über das neue Viertel
hinaus Wirkung entfalten und sollte für die Stadtgesellschaft nicht nur monetär
gewinnbringend entwickelt werden. Die Planung des neuen Quartiers wünschen wir
uns auch unter Aspekten des Verkehrs, der Gestaltung der Freiflächen und der
Wohn- und Gewerbeeinheiten sowie unter bautechnischen Gesichtspunkten innovativ
und zukunftsweisend.
Um frühzeitig auf die vielen Aspekte des Planungsprozesses Einfluß nehmen und in
einen konstruktiven Dialog mit dem Investor und der (interessierten)
Öffentlichkeit treten zu können, hat der OV Neuhausen-Nymphenburg ein
Positionspapier entwickelt. Mit diesem Antrag wollen wir alle Münchner Grünen,
in den OVs, in den Fraktionen der verschiedenen (v.a. kommunalen) Gremien
einladen, eine gemeinsame konsistente Position zu diesem wichtigen Projekt,
einem nachhaltigen Stück Stadt im 21. Jahrhundert, zu beziehen.
Das Positionspapier findest Du hier im Folgenden oder als layoutete PDF-Version
unter OV-NeuNy-Positionspapier in der Grünen Wolke.
Bebauungsplan 2147 – Positionspapier
Erarbeitet zwischen November 2020 und Januar 2021 von der AG
Paketposthalle des OV Neuhausen-Nymphenburg im KV München von Bündnis
90/Die Grünen. Beschlossen am 27.01.2021 in der turnusgemäßen OV-Sitzung.
Vorwort
Dieses Dokument stellt die Position des Ortsvereins (OV) Neuhausen-Nymphenburg
im Kreisverband München von Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Projekt dar. Die
Kapitel basieren auf den Themen des OV aus dem Wahlprogramm zur
Bezirksausschusswahl 2020 und wurden um den Aspekt der Beteiligung der
Bürger*innen im Projektprozess ergänzt.
Kapitel 1: Klima und Artenschutz
Das neue Baugebiet an der Paketposthalle hat die Chance eines der Münchner
Vorzeigeprojekte hinsichtlich Klimaanpassung und Biodiversität zu werden. Der
Klimawandel lässt die Temperaturen in den Städten steigen, sorgt gleichzeitig
für Trockenheit und häufigere Starkregenereignisse.
Hierfür ist es unabdinglich, dass Regenwasser in den Grünflächen und auf den
Dächern nicht nur schnell in den Boden versickert kann, sondern auch gespeichert
wird, um die Vegetation auf den Dächern, an den Fassaden und in den Höfen zu
bewässern. Pflanzen können durch die Verdunstung das gesamte Quartier abkühlen.
Um dies zu erreichen, muss das Quartier möglichst viel Wasser aufnehmen können.
So sollen die Substratstärken auf den Dächern erhöht werden, schon wenige
Zentimeter Wasseranstau auf den Dächern kann viel bewirken. Versickerung kann in
bepflanzten Bodenmulden erfolgen, Regenwasser kann in Wasserflächen in den Höfen
gespeichert werden. Die Versiegelung im Quartier ist auf das absolut notwendige
Mindestmaß zu beschränken, Beläge sollen möglichst wasserdurchlässig sein. Die
Überdeckung auf den Tiefgaragen sollte von den bisher in der
Freiflächengestaltungssatzung festgesetzten 60cm auf mindestens 80cm, für Bäume
eher 100 – 120cm erhöht werden. Für eine aktive Abkühlung der Fassaden haben
sich Fassadenbegrünungen bewährt, ein Mindestmaß an begrünten Fassaden soll
analog der Vorgaben des RGU für städtische Bauten angestrebt werden. Pkw-
Stellplätze sollten in den Freiflächen möglichst vollständig vermieden werden.
Anstelle von ausufernden Feuerwehr- Aufstellflächen können die 2. Rettungswege
durch intelligente Konzepte innerhalb der Gebäude gelöst werden.
Um eine gute Durchlüftung der Quartiere zu erreichen, sollten die Wohnblöcke
teilweise, vor allem in Richtung Westen, geöffnet werden. Zur Verminderung der
Aufheizung sollen möglichst helle und wenig Wärmespeichernde Materialien
verwendet werden. Glasfassaden werden hinsichtlich Aufheizung und Vogelschlag
sehr kritisch gesehen. Zur Vermeidung von Windverwirbelungen sind die Standorte
der Hochhäuser sehr genau zu untersuchen, die Vorplätze sollten möglichst
intensiv mit Bäumen bepflanzt werden. Nistmöglichkeiten für Gebäudebrüter und
Fledermäuse sollen in den Planungen der Häuser mitberücksichtigt werden.
Zur Stärkung und Biodiversität im neuen Stadtquartier muss die Artenvielfalt an
Blütenstauden und Kräutern auf den Dächern (Biodiversitätsdächer), in den
Pflanzflächen und den Grünstreifen entlang der Straßen deutlich erhöht werden.
Keine lebensfeindlichen Monokulturen von Gräsern oder Bodendeckern. Im neuen
Viertel sollen so viele Bäume wie sinnvoll möglich gepflanzt werden und so eine
Verschattung der Freiflächen und Reinigung der Luft - in einer möglichst großen
Diversifizierung in der Artenauswahl - sicherstellen. Freiflächen für Schulen
und Kindergärten sollen möglichst naturnah angelegt werden. Quartiersgärten,
Flächen für Urban Gardening, auch auf den Dächern, und Obsthaine in den
Innenhöfen versorgen die AnwohnerInnen ortsnah mit Obst und Gemüse und schaffen
gleichzeitig Lebensraum für die heimische Fauna.
Mehr Grün im Viertel schafft nicht nur Klimaschutz, sondern sorgt nachweislich
für eine größere Zufriedenheit.
Kapitel 2: Materialverwendung
Für das gesamte Projekt „Paketposthalle“ wäre eine Zertifizierung der
Nachhaltigkeit wünschenswert, z.B. durch die Deutsche Gesellschaft für
Nachhaltiges Bauen (DGNB). Zumindest die Zertifizierungskriterien der DGNB für
innerstädtische Quartiere sollten Leitlinien für Planung und Bau bilden. Das
gilt auch für die zu verwendenden Materialien.
Anstrebenswert ist eine weitgehende Orientierung an Cradle2Cradle-Prinzipien,
d.h. die Gebäudestrukturen sollten so ausgelegt sein, dass sie Kostenrechnungen
nicht nur für den Bau anstellen, sondern Lebensdauer und Klimafreundlichkeit mit
einbeziehen.
Es sollte eine Mischbauweise mit einem möglichst niedrigen Betonverbrauch
angestrebt werden. Wo er unerlässlich ist, an tragenden Teilen, sollte Low
Carbon-Zement eingesetzt werden.
Daneben sollten möglichst viel Nachwachsende, regionale, natürliche, nicht
erdölbasierte Rohstoffe verbaut werden, für den Gebäudekorpus, aber auch bei
Ausbau, Dämmung und Abdichtung.
Neben einem möglichst niedrigen CO2-Ausstoß geht es auch um eine gute,
schadstofffreie Innenatmosphäre der Gebäude.
Zur allgemein anstrebenswerten Reziklierbarkeit gehört, möglichst sortenreine,
langlebige Baustoffe zu verwenden und keine Mischprodukte wie z.B. WPC-Dielen.
Möglichst wenig verklebte Konstruktionen, sondern wieder sortenrein trennbare
Verbindung dienen dem gleichen Zweck.
Eine möglichst variable Bauweise mit flexiblen Innenwänden soll zukünftige
Anpassungen und Nutzungsänderungen ohne größere Eingriffe in die Bausubstanz
erlauben.
Die Führung eines Materialpasses und die Planung/ Konstruktion mit Building
Information Modelling (BIM) hilft die aufgeführten Prinzipien bei Planung, Bau,
Erhalt und Abriss zu optimieren.
Grundsätzlich geht es dabei zunächst schon um eine ressourcenschonende, Müll
vermeidende Bauweise. Bereits bei Abbruch der Bestandsgebäude sollte viel
Material wiederverwendet im Sinne des "Urban Mining".
Kapitel 3: Energie
Wir leben in Zeiten des Klimanotstandes. Dabei ist Energieverbrauch ein
entscheidender Einflussfaktor der globalen Erwärmung. Nun ist Energie kein
originäres Feld der Bebauungsplanung. Dennoch sollte die Landeshauptstadt durch
eine entsprechende Gestaltungssatzung Einfluss nehmen auf die Ausgestaltung
dieses klimakritischen Aspektes.
Gebäude und Verkehre sind von Beginn an so zu konzipieren, dass Energie
eingespart wird und ein klimaneutrales Stück Stadt entsteht. Ein so vielfältiges
Quartier bietet die Chance ein kluges Energie-Netzwerk zu bilden. Gebäude können
Energielieferanten sein. Insbesondere die möglichen Hochhäuser sollten durch
entsprechende Fassadengestaltung einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten
(„Plusenergie-Hochhaus“). Doch auch die Dächer der Wohnhäuser und der
Paketposthalle sind energetisch aktivierbare Flächen. Dabei ist die
Verschattungsproblematik durch die Hochpunkte im Hinblick auf Systeme der
Solarenergie, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten zu berücksichtigen
und komplementäre Systeme vorzusehen.
Den Forderungen des Bezirksausschuss 9 aus dem Jahr 2019 sowie der Architects
for Future vom November 2020 unterstützen wir und fordern die weitere
Berücksichtigung in der Bebauungsplanung.
Kapitel 4: Verkehr
Im Gebiet der PPH sollen 3.000 Arbeitsplätze und 1.200 Wohnungen sowie
kulturelle Nutzungen entstehen. Damit bewegen sich dort an Werktagen rund 5.400
Menschen auf einer relativen kleinen Fläche, wobei hier die Nutzer der
Einzelhandelsflächen nicht mitgerechnet sind. Der Standort ist gut mit dem
öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Hauptrouten des Radverkehrs tangieren das
Gebiet nördlich und südlich.
Die Bebauungsplanung muss unsere im Wahlprogramm und dem Koalitionsvertrag
geforderten und beschlossenen Ideen der Verkehrswende wiedergeben. Die
visualisierte Idee der weitgehend von motorisiertem Individualverkehr befreiten
Bebauung begrüßen wir, wobei wir fordern, in einem autobefreiten Quartier Raum
für Spiel, Sport und Begegnung zu schaffen. Dafür bedarf es jedoch einer
detaillierten Prüfung der verschiedenen Nutzungen im Gebiet:
- Das Gebiet kann nachhaltig, ökologisch und klimagerecht nur durch den ÖV
erschlossen werden. S-Bahn im Süden und Tram im Norden sowie der Bus sind
hier in das erforderliche Verkehrsgutachten einzubeziehen und bzgl. ihrer
Stärkung näher zu untersuchen. Ein direkter Steg vom S-Bahnhof zum
Quartier ist dazu ein wichtiger Beitrag.
- Die Nutzung der Halle und die „normale“ Nutzung von Büro- und Wohnflächen
führt zu einer hohen Bedeutung des Radverkehrs. In der aktuellen Planung
sind dazu keine Hinweise zu finden, insbesondere keine Stellplatzkonzepte.
Die Flächen dafür sind in der Bebauungsplanung ebenso zu sichern, wie
Radquerverbindungen bspw. vom südlichen Ost-West-Radschnellweg nach Norden
zur Arnulfstraße und Richtung Rotkreuzplatz.
- Die Erdgeschossbereiche sollten kleinteilig und vielfältig genutzt werden,
wobei sie sich am Bedarf für das Quartier orientieren sollten. Der mit
Einzelhandelsflächen verbundene Lieferverkehr sollte über Tiefgaragen und
nicht an der Oberfläche abgewickelt werden.
- Eine weitgehende Reduzierung von der Stellplatzverpflichtung erscheint uns
im gut erschlossenen Innenstadtbereich besonders sinnvoll. Für den
zwingend notwendigen Bedarf an Stellplätzen für Wohnen und Gewerbe sollte
entsprechend der kommunalen Satzung eine Quartiersgarage errichtet werden,
ggf. auch mit flexibel nutzbaren Stellplätzen je nach Bedarfen ihrer
Nutzer.
- Die ökologischen Auswirkungen auf natürliche Versickerung, tatsächlich
mögliche Vegetation und die Situation z.B. Extremwetter, z.B. Starkregen
sind vorab zu untersuchen. Reduktionen der Stellplatzverpflichtungen sind,
insbesondere durch die o.g. Maßnahmen für ÖV und Radverkehr wie durch eine
weitgehende Befreiung von der Stellplatzverpflichtung v.a. für Projekte
des autofreien Wohnens unbedingt umzusetzen.
Daher halten wir die Idee eines Verkehrsgutachten mit variantenbasierten
Simulationen unter Einbezug überbezirklicher Auswirkungen für zwingend
erforderlich. Es sollte darauf ausgerichtet sein, vor allem (CO2-emittierende)
motorisierte Individualverkehre zu vermeiden, Lieferverkehre intelligent zu
organisieren und eine kompakte Stellplatzlösung mit reduzierter Stellplatzzahl
für die Hauptnutzungen Wohnen, Büro und Einzelhandel zu finden. Dazu sind bei
der Aufstellung des Bebauungsplans sämtliche rechtliche Möglichkeiten
auszuschöpfen, ggf. auch durch die Änderung bestehender kommunaler Satzungen.
Kapitel 5: Paketposthalle
Die Sanierung und Öffnung der Paketposthalle für die Bevölkerung ist zu
begrüßen. Das einst größte Tonnengewölbe Europas ist ein beeindruckendes
Denkmal. Als 18.000qm großer, überdachter öffentlicher Raum wird sie einen
großen Gewinn für das neue Quartier. Der Investor wünscht einen belebten Raum
mit Kulturnutzungen im Untergeschoss. Die öffentliche Zugänglichkeit und eine
weitgehend nicht-kommerzielle oder kulturwirtschaftliche Nutzung sind sicher zu
stellen. Dies beinhaltet auch die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur
(WCs, Strom, Sicherheit etc.).
Die große leere Fläche bedeutet Luxus und einen breiten Horizont möglicher
Aneignungsformen. Um diese Aneignung lebendig zu gestalten, muss das
Gesamtkonzept von der Stadt München unter Einbindung der Bürgerinnen und Bürger
und des benachbarten Backstage entwickelt werden. Die Nutzungen der Halle sind
generationen- und sozialgerecht abzuwägen und die Trägerschaft, z.B. durch einen
Kulturverein, rechtsverbildlich zu klären.
Die Halle muss als Knotenpunkt des Quartiers fungieren. Daher braucht es neben
wechselnden Events auch permanente Angebote, die Publikum anziehen und die große
Fläche strukturieren:
- Gastronomische Angebote wie ein Foodcourt, Foodtrucks, rollende
Espressobars, Wochenmärkte
- Flohmärkte, Designmärkte, Kunsthandwerk, Verkostungen, Reparaturcafé
- Sportmöglichkeiten (z.B. Basket-/Volleyball, Tischtennis, Bouldern,
Parkour)
- Plätze zum Verweilen auch für ältere Menschen mit Schach, Boule u.ä.
- Spielbereiche für Kinder
Darüber hinaus sollte mit einem evtl. mobilen Amphitheater ein flexibler
Veranstaltungsort für Kino, Theater, Musik und Town Hall Meetings geschaffen
werden. Feste Einbauten auf der Hallenfläche - in sehr reduzierter Kubatur -
können Struktur und Angebote schaffen.
Im Kellergeschoss kann ein Raumgeflecht mit den Schwerpunkten Kunst,
Musikproberäume, Tanz, Sport und einem spartenübergreifendem Veranstaltungssaal
entstehen. Die Ausgestaltung muss mit dem Backstage auf Synergien statt
Konkurrenz setzen. Alle Veranstaltungen sollten in einem für das Quartier
bewältigbaren Maßstab abgewickelt werden.
Es braucht eine sorgfältige Analyse der akustischen und klimatischen Bedingungen
und flexible architektonische Lösungen: von räumlichen und akustischen
Abgrenzungen (z.B. bewegliche Pflanzen) über Zonierungen durch Beleuchtung und
Bodenmarkierungen, einen geeigneten Bodenbelag bis hin zu mobilen
Sitzgelegenheiten. Regenerative Wärmequellen für den ganzjährigen Aufenthalt an
wenigen Punkten sind zu prüfen. Eine Vielzahl an Tonröhren kann die
Musikgeräusche des Kulturzentrums gezielt an die Oberfläche bringen. Ein weithin
sichtbarer gelber Briefkasten erinnert an die vormalige Nutzung. Eine
Bodenmarkierung kann auf die damaligen Bahngleise deuten.
Ein spannendes Projekt, das eine Bereicherung für die Stadt München werden kann
und soll!
Kapitel 6: Wohnen
Wohnraum in München ist ein knappes Gut, insbesondere für Haushalte mit geringem
oder mittlerem Einkommen. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist daher eine
fundamentale Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Hochpreisige Wohnungen sind
meist Spekulationsobjekte, die nicht dazu beitragen München urbaner und
vielfältiger zu machen.
Wir fordern daher die Planungsbeteiligten auf, die Voraussetzungen zu schaffen,
ausreichend Wohnraum für diese Bevölkerungsgruppen auf mindestens 50% der final
ausgewiesenen Bauflächen des Plangebietes zu schaffen. Das Instrument ist dafür
die SoBoN, aber die Umsetzung der formal geltenden Regelungen Stand 2017 sollte
dringend übertroffen werden. Es sollten Flächen auch an Genossenschaften
vergeben werden, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu sichern, sowie eine
möglichst hohe Mietwohnungsquote festgesetzt werden.
Die unterschiedlichen geförderten, preisgedämpften und freifinanzierten
Wohnungen in Miete oder Eigentum sind idealerweise im Quartier frei zu
verteilen. Auch die Hochhäuser sind nicht davon ausgenommen.
Die Vielfalt der Wohnbedarfe und Lebensphasen sollte sich in entsprechenden
Angeboten widerspiegeln, d.h. individuelle Angebote für Jung und Alt oder
gemeinschaftlich für Großfamilien, Mehrgenerationenprojekte, als Cluster-Wohnen
sowie durch Sharing-Modelle für ergänzendes Kurzzeit-Wohnen, Repair-Cafés,
Mobilität, o.ä. Atelierwohnungen oder Wohnungen mit Co-Working-Räumen
unterstützen den Kunst-/Kultur-Schwerpunkt im Quartier.
Die geplanten Blockstrukturen sind ein sehr starkes strukturelles Element, das
daher einer Auflockerung und Vielfalt in der Ausführung Bedarf. Die Umsetzung
der sechs- bis max. achtgeschossigen Wohngebäude sollte v.a. im Holzbau oder
hybriden Holzbau erfolgen, idealerweise nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Die
Innen- und Außenräume können von allen Nutzer*innen Tag und Nacht ohne physische
und psychische Barrieren genutzt werden und sollen auch von diesen flexibel mit
gestaltbar sein. Der Übergang zwischen den höhenliegenden begrünten Innenhöfen
und den autofreien Gassen auf Erdgeschoss-Ebene ist auf seine Barrierefunktion
für Nutzer*innen und für ein klimatisch-wirksames Verbundsystem zu überprüfen.
Zusätzlich sollte die aktuell mangelhafte bioklimatische Situation durch
Fassaden- und Dachbegrünung verbessert werden. Dabei ist auf den Dach- und
Hofflächen ein intelligenter Ausgleich zwischen humanen,
gemeinschaftsorientierten Nutzungsansprüchen und den Bedarfen der Natur (v.a.
mit Blick auf den Artenschutz von Vögeln und Insekten) eine spannende
Planungsaufgabe.
Kapitel 7: Hochhäuser
München ist eine europäische Stadt, die sich durch Kompaktheit, Urbanität und
eine besondere Bedeutung von Grünelementen auszeichnet. München ist baulich
homogen und soziokulturell divers. Das macht die Attraktivität einer der
lebenswertesten Städte der Welt aus.
Zeichenhafte Gebäude mit Fernwirkung und die punktuelle Verdichtung von
Nutzungen können an sorgfältig ausgewählten Stellen städtebaulich durchaus
sinnvoll sein. Dafür braucht es aber ein übergreifendes Konzept, das mögliche
Akzentsetzungen in einen Sinnzusammenhang stellt, wie es im Entwurf der
Hochhausstudie vorgelegt wurde. Hochhäuser in der geplanten Form, an der Grenze
zum Wolkenkratzer, sind bisher kein Element urbaner Entwicklung der bayerischen
Landeshauptstadt. Wir Grüne in Neuhausen-Nymphenburg respektieren die
Entscheidung der Bürger*innen aus dem Jahr 2006 zur Höhengrenze von 100m. Sollte
sie geändert werden, so können das nur die Bürger*innen Münchens selbst. Sie
sind der Souverän dieser Stadt und haben hier das alleinige Wort. Das sollte
durch einen Ratsentscheid erfolgen.
Damit diese Gebäude, egal mit welcher Höhe sie final errichtet werden, keine
Büro- / Hotelmonolithe bleiben, ist planungsrechtlich für diese Flächen ein
„Urbanes Gebiet“ gem. §6a BauNVO festzusetzen. Eine geschossweise
Nutzungsmischung wird damit möglich, mit Nutzungen, die mit ihrer Umgebung
korrespondieren. Eine öffentliche Nutzung der Erdgeschoss- und Obergeschosse
sind vorzusehen.
Die architektonische Umsetzung der Hochpunkte und Wohnquartiere soll nach dem
Bürgerbegehren oder -entscheid durch Realisierungs- Wettbewerbe präzisiert
werden. Dabei sollte als Anforderung auch eine realistische Visualisierung zur
Überprüfung der Sichtachsen gelten sowie eine kritisch-kreative
Auseinandersetzung mit den mikroklimatischen Auswirkungen (Verschattungswirkung,
Wind) ggf. hoher Gebäude auf die Umgebung. Die Gebäude des aktuellen Masterplan-
Entwurf verschatten große Teile der (Wohn-)Bebauung auch angrenzender Viertel
mit negativen Konsequenzen für die Hofbelichtung und regenerative
Energieerzeugung.
Im Rahmen des städtebaulichen Wettbewerbs müssen auch Aussagen zur
Verkehrsanbindung und -erzeugung der Gebäude erfolgen. Diese sollten
idealerweise das beabsichtigte Verkehrsgutachten einbeziehen bzw. teilräumlich
präzisieren. Ziel sollte hier sein, die Verkehrswende vorauszudenken und die
aktuelle Stellplatzsatzung anzupassen.Ziel sollte sein, einem wesentlichen Nutzeranteil eine autofreie Verbindung zu ermöglichen. Hierfür wird ein zeitgemäßes, hauseigenes Verkehrsmanagement eingeführt.
Es muss der Anspruch der Bebauungs- und Bauplanung sein, modernen Kriterien
nachhaltigen Bauens zu entsprechen. Der Klima- und Artenschutz soll hier die
Leitlinie sein. Wir haben keinen Planeten B. Klimaneutrale Gebäude sind
energieautark und werden reziklierbar errichtet (Cradle2Cradle-Prinzip). Bei
Beachtung dieser Aspekte wird der Eingriff minimiert und ein Zeichen gesetzt –
ein Münchner Zeichen für Hochhausbau!
Kapitel 8: Kinder, Jugendliche, Senioren und Menschen mit
Behinderung
Die Stadt gehört allen Bürger*innen, auch jenen, die meist keine Stimme haben
und nur selten gehört werden. Dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche.
Auch Senioren und Menschen mit Behinderung haben oft keine ausreichende Lobby.
Abseits davon sind alle diese Gruppen sehr heterogen, so dass Interessen nicht
gebündelt und mit einer Stimme artikuliert werden.
Das Areal an der Paketposthalle ist eine Chance zu zeigen, wie der öffentliche
Raum inklusiv nach den Prinzipien des Design for All gestaltet werden kann. Eine
selbstverständliche barrierefreie Gestaltung des autofreien, öffentlichen Raums,
die Integration von altersgemäßen Spiel- und Spaßelementen in die Straßen- und
Freiraumgestaltung führt zu einer vielfältig nutzbaren Erlebniswelt.
In den grünen Innenhöfen der Wohnblöcke sind gut erreichbare Spielangebote
vorzusehen.
Durch rund 1.100 neue Wohneinheiten werden auch viele Kinder und Jugendliche
hier eine neue Heimat finden. Sie sollten wohnortnah in Kindertageseinrichtungen
und Schulen gehen können. Daher fordern wir eine kritische Analyse der Situation
der Kita-, Grundschul- und Gymnasialsituation in der Umgebung. Insbesondere der
langgezogene Sprengel der Margarethe-Danzi-Schule in Nymphenburg Süd könnte
durch eine ein- bis dreizügige Grundschule mit Tagesheim entzerrt werden. Das
Käthe-Kollwitz-Gymnasium ist bereits jetzt an seiner Kapazitätsgrenze. Um v.a.
die Belegung der Sporthalle in der Trojanostraße zu entzerren, müsste geprüft
werden, ob im Plangebiet Platz für eine neue Turnhalle für die Real- und
Mittelschulen Neuhausens geschaffen werden könnte.
In und um die Halle herum sollten für Kinder, Jugendliche und Senioren
niedrigschwellige und barrierefrei zugängliche Freizeit- und Kulturangebot
geschaffen werden. Daher ist bereits in der Bebauungsplanungsentwurfsphase mit
entsprechenden Trägervereinen und dem Behindertenbeirat der LHM eine Abstimmung
durchzuführen. Kinder und Jugendliche aus der Umgebung könnten durch Workshops
in die Nutzungsfindung mit einbezogen werden.
Den Bau einer Einrichtung für alte Menschen begrüßen wir. Angebote der
Altenpflege sollten baulich-sozial so in das Gefüge der Wohnbebauung integriert
werden, dass es zu keiner Ghettoisierung der dort lebenden Bewohner kommt.
Betreute Wohnformen lassen alle Menschen im Sinne eines Mehrgeneration-Ansatzes
das Leben in Würde und mit der größtmöglichen Autonomie zu. Dadurch kann ein
lebendiges Quartier entstehen, in dem alle Altersgruppen ihre Räume finden und
gemeinsam voneinander profitieren können.
Kapitel 9: Beteiligung - Einbeziehung der Bürgerschaft in
das Verfahren
Das einzigartige Projekt Paketposthalle erfordert zwingend einen intensiven
Einbezug der Bevölkerung über die rein formale Beteiligung im
Bebauungsplanverfahren hinaus. Das betrifft besonders die beiden Hochhäuser, da
seit einem Bürgerentscheid 2004 die Obergrenze von 100m zwar bisher nicht
rechtlich, aber politisch Grundlage aller Entscheidungen der Stadtplanung blieb.
Die neue Hochhausstudie hat das Ziel, eine verbindliche Grundlage für die
Bewertung von zukünftigen Hochhausprojekten zu schaffen und würde im
vorliegenden Entwurf stadtweit in bestimmten Zonen Hochhäuser über 100m bei
Erfüllung der in der Studie definierten Anforderungen vorsehen. Die aktuell
ablaufende Beteiligungsphase muss trotz Corona eine qualifizierte und ehrliche
Einbeziehung der interessierten Öffentlichkeit sicherstellen, bevor darüber
politisch entschieden wird. Da das Votum von Bürgerentscheiden in München bisher
immer auch politisch langfristig gültig blieb, sollte die Hochhausstudie als
neue Planungsgrundlage ohne die 100m Obergrenze nicht nur im Stadtrat
beschlossen werden, sondern die Entscheidung über einen Ratsentscheid auch von
der Bevölkerung bestätigt werden. Dies ist Voraussetzung, um planungsrechtliche
Sicherheit für die Paketposthalle zu haben. Das ob eines einzelnen
Hochhausstandorts eignet sich dagegen nicht für eine Beteiligungsentscheidung im
Viertel oder auch stadtweit.
Die Überplanung des Paket Post Areals ist ein Schlüsselprojekt für die Zukunft
Neuhausens. Die Planungen sind die Chance, die Stadtviertelbewohner*innen ihre
Vorstellungen entwickeln zu lassen, welchen Beitrag es für eine gutes Leben vor
Ort leisten kann. Der Bezirksausschuss soll hierfür unverzüglich geeignete
Formate anbieten. Der interdisziplinäre Beirat muss dann Scharnier sein, die
Ergebnisse in den Planungsprozess zu integrieren. Der Vorschlag aus dem
Planungsreferat, für die Bewertung der Planungen und weitere Impulse auch das
Instrument des Bürgergutachtens einzusetzen, wird als interessante Ergänzung
begrüßt.
Von Zeile 292 bis 294:
idealerweise das beabsichtigte Verkehrsgutachten einbeziehen bzw. teilräumlich präzisieren. Ziel sollte hier sein, die Verkehrswende vorauszudenken und die aktuelle Stellplatzsatzung anzupassen.Ziel sollte sein, einem wesentlichen Nutzeranteil eine autofreie Verbindung zu ermöglichen. Hierfür wird ein zeitgemäßes, hauseigenes Verkehrsmanagement eingeführt.
Das Areal an der Paketposthalle in Neuhausen-Nymphenburg erhält seit der
Vorstellung der Planungen des Investors nicht nur seitens der städtischen
Verwaltung (bspw. durch das bevorstehende Bürgergutachten) sondern auch in der
Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit. Es ist eines der größeren
innerstädtischen Entwicklungsgebiete Münchens, das jedoch komplett in privater
Hand ist.
Die öffentliche Diskussion konzentriert sich weitestgehend auf die Frage der
geplanten Hochhäuser, doch die Gestaltung des Areals wirft noch viel mehr
spannende und zukunftsweisende Fragen auf. Die Nutzung der Halle, deren Fläche
ca. viermal so groß ist wie der Marienplatz, kann weit über das neue Viertel
hinaus Wirkung entfalten und sollte für die Stadtgesellschaft nicht nur monetär
gewinnbringend entwickelt werden. Die Planung des neuen Quartiers wünschen wir
uns auch unter Aspekten des Verkehrs, der Gestaltung der Freiflächen und der
Wohn- und Gewerbeeinheiten sowie unter bautechnischen Gesichtspunkten innovativ
und zukunftsweisend.
Um frühzeitig auf die vielen Aspekte des Planungsprozesses Einfluß nehmen und in
einen konstruktiven Dialog mit dem Investor und der (interessierten)
Öffentlichkeit treten zu können, hat der OV Neuhausen-Nymphenburg ein
Positionspapier entwickelt. Mit diesem Antrag wollen wir alle Münchner Grünen,
in den OVs, in den Fraktionen der verschiedenen (v.a. kommunalen) Gremien
einladen, eine gemeinsame konsistente Position zu diesem wichtigen Projekt,
einem nachhaltigen Stück Stadt im 21. Jahrhundert, zu beziehen.
Das Positionspapier findest Du hier im Folgenden oder als layoutete PDF-Version
unter OV-NeuNy-Positionspapier in der Grünen Wolke.
Bebauungsplan 2147 – Positionspapier
Erarbeitet zwischen November 2020 und Januar 2021 von der AG
Paketposthalle des OV Neuhausen-Nymphenburg im KV München von Bündnis
90/Die Grünen. Beschlossen am 27.01.2021 in der turnusgemäßen OV-Sitzung.
Vorwort
Dieses Dokument stellt die Position des Ortsvereins (OV) Neuhausen-Nymphenburg
im Kreisverband München von Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Projekt dar. Die
Kapitel basieren auf den Themen des OV aus dem Wahlprogramm zur
Bezirksausschusswahl 2020 und wurden um den Aspekt der Beteiligung der
Bürger*innen im Projektprozess ergänzt.
Kapitel 1: Klima und Artenschutz
Das neue Baugebiet an der Paketposthalle hat die Chance eines der Münchner
Vorzeigeprojekte hinsichtlich Klimaanpassung und Biodiversität zu werden. Der
Klimawandel lässt die Temperaturen in den Städten steigen, sorgt gleichzeitig
für Trockenheit und häufigere Starkregenereignisse.
Hierfür ist es unabdinglich, dass Regenwasser in den Grünflächen und auf den
Dächern nicht nur schnell in den Boden versickert kann, sondern auch gespeichert
wird, um die Vegetation auf den Dächern, an den Fassaden und in den Höfen zu
bewässern. Pflanzen können durch die Verdunstung das gesamte Quartier abkühlen.
Um dies zu erreichen, muss das Quartier möglichst viel Wasser aufnehmen können.
So sollen die Substratstärken auf den Dächern erhöht werden, schon wenige
Zentimeter Wasseranstau auf den Dächern kann viel bewirken. Versickerung kann in
bepflanzten Bodenmulden erfolgen, Regenwasser kann in Wasserflächen in den Höfen
gespeichert werden. Die Versiegelung im Quartier ist auf das absolut notwendige
Mindestmaß zu beschränken, Beläge sollen möglichst wasserdurchlässig sein. Die
Überdeckung auf den Tiefgaragen sollte von den bisher in der
Freiflächengestaltungssatzung festgesetzten 60cm auf mindestens 80cm, für Bäume
eher 100 – 120cm erhöht werden. Für eine aktive Abkühlung der Fassaden haben
sich Fassadenbegrünungen bewährt, ein Mindestmaß an begrünten Fassaden soll
analog der Vorgaben des RGU für städtische Bauten angestrebt werden. Pkw-
Stellplätze sollten in den Freiflächen möglichst vollständig vermieden werden.
Anstelle von ausufernden Feuerwehr- Aufstellflächen können die 2. Rettungswege
durch intelligente Konzepte innerhalb der Gebäude gelöst werden.
Um eine gute Durchlüftung der Quartiere zu erreichen, sollten die Wohnblöcke
teilweise, vor allem in Richtung Westen, geöffnet werden. Zur Verminderung der
Aufheizung sollen möglichst helle und wenig Wärmespeichernde Materialien
verwendet werden. Glasfassaden werden hinsichtlich Aufheizung und Vogelschlag
sehr kritisch gesehen. Zur Vermeidung von Windverwirbelungen sind die Standorte
der Hochhäuser sehr genau zu untersuchen, die Vorplätze sollten möglichst
intensiv mit Bäumen bepflanzt werden. Nistmöglichkeiten für Gebäudebrüter und
Fledermäuse sollen in den Planungen der Häuser mitberücksichtigt werden.
Zur Stärkung und Biodiversität im neuen Stadtquartier muss die Artenvielfalt an
Blütenstauden und Kräutern auf den Dächern (Biodiversitätsdächer), in den
Pflanzflächen und den Grünstreifen entlang der Straßen deutlich erhöht werden.
Keine lebensfeindlichen Monokulturen von Gräsern oder Bodendeckern. Im neuen
Viertel sollen so viele Bäume wie sinnvoll möglich gepflanzt werden und so eine
Verschattung der Freiflächen und Reinigung der Luft - in einer möglichst großen
Diversifizierung in der Artenauswahl - sicherstellen. Freiflächen für Schulen
und Kindergärten sollen möglichst naturnah angelegt werden. Quartiersgärten,
Flächen für Urban Gardening, auch auf den Dächern, und Obsthaine in den
Innenhöfen versorgen die AnwohnerInnen ortsnah mit Obst und Gemüse und schaffen
gleichzeitig Lebensraum für die heimische Fauna.
Mehr Grün im Viertel schafft nicht nur Klimaschutz, sondern sorgt nachweislich
für eine größere Zufriedenheit.
Kapitel 2: Materialverwendung
Für das gesamte Projekt „Paketposthalle“ wäre eine Zertifizierung der
Nachhaltigkeit wünschenswert, z.B. durch die Deutsche Gesellschaft für
Nachhaltiges Bauen (DGNB). Zumindest die Zertifizierungskriterien der DGNB für
innerstädtische Quartiere sollten Leitlinien für Planung und Bau bilden. Das
gilt auch für die zu verwendenden Materialien.
Anstrebenswert ist eine weitgehende Orientierung an Cradle2Cradle-Prinzipien,
d.h. die Gebäudestrukturen sollten so ausgelegt sein, dass sie Kostenrechnungen
nicht nur für den Bau anstellen, sondern Lebensdauer und Klimafreundlichkeit mit
einbeziehen.
Es sollte eine Mischbauweise mit einem möglichst niedrigen Betonverbrauch
angestrebt werden. Wo er unerlässlich ist, an tragenden Teilen, sollte Low
Carbon-Zement eingesetzt werden.
Daneben sollten möglichst viel Nachwachsende, regionale, natürliche, nicht
erdölbasierte Rohstoffe verbaut werden, für den Gebäudekorpus, aber auch bei
Ausbau, Dämmung und Abdichtung.
Neben einem möglichst niedrigen CO2-Ausstoß geht es auch um eine gute,
schadstofffreie Innenatmosphäre der Gebäude.
Zur allgemein anstrebenswerten Reziklierbarkeit gehört, möglichst sortenreine,
langlebige Baustoffe zu verwenden und keine Mischprodukte wie z.B. WPC-Dielen.
Möglichst wenig verklebte Konstruktionen, sondern wieder sortenrein trennbare
Verbindung dienen dem gleichen Zweck.
Eine möglichst variable Bauweise mit flexiblen Innenwänden soll zukünftige
Anpassungen und Nutzungsänderungen ohne größere Eingriffe in die Bausubstanz
erlauben.
Die Führung eines Materialpasses und die Planung/ Konstruktion mit Building
Information Modelling (BIM) hilft die aufgeführten Prinzipien bei Planung, Bau,
Erhalt und Abriss zu optimieren.
Grundsätzlich geht es dabei zunächst schon um eine ressourcenschonende, Müll
vermeidende Bauweise. Bereits bei Abbruch der Bestandsgebäude sollte viel
Material wiederverwendet im Sinne des "Urban Mining".
Kapitel 3: Energie
Wir leben in Zeiten des Klimanotstandes. Dabei ist Energieverbrauch ein
entscheidender Einflussfaktor der globalen Erwärmung. Nun ist Energie kein
originäres Feld der Bebauungsplanung. Dennoch sollte die Landeshauptstadt durch
eine entsprechende Gestaltungssatzung Einfluss nehmen auf die Ausgestaltung
dieses klimakritischen Aspektes.
Gebäude und Verkehre sind von Beginn an so zu konzipieren, dass Energie
eingespart wird und ein klimaneutrales Stück Stadt entsteht. Ein so vielfältiges
Quartier bietet die Chance ein kluges Energie-Netzwerk zu bilden. Gebäude können
Energielieferanten sein. Insbesondere die möglichen Hochhäuser sollten durch
entsprechende Fassadengestaltung einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten
(„Plusenergie-Hochhaus“). Doch auch die Dächer der Wohnhäuser und der
Paketposthalle sind energetisch aktivierbare Flächen. Dabei ist die
Verschattungsproblematik durch die Hochpunkte im Hinblick auf Systeme der
Solarenergie, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten zu berücksichtigen
und komplementäre Systeme vorzusehen.
Den Forderungen des Bezirksausschuss 9 aus dem Jahr 2019 sowie der Architects
for Future vom November 2020 unterstützen wir und fordern die weitere
Berücksichtigung in der Bebauungsplanung.
Kapitel 4: Verkehr
Im Gebiet der PPH sollen 3.000 Arbeitsplätze und 1.200 Wohnungen sowie
kulturelle Nutzungen entstehen. Damit bewegen sich dort an Werktagen rund 5.400
Menschen auf einer relativen kleinen Fläche, wobei hier die Nutzer der
Einzelhandelsflächen nicht mitgerechnet sind. Der Standort ist gut mit dem
öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Hauptrouten des Radverkehrs tangieren das
Gebiet nördlich und südlich.
Die Bebauungsplanung muss unsere im Wahlprogramm und dem Koalitionsvertrag
geforderten und beschlossenen Ideen der Verkehrswende wiedergeben. Die
visualisierte Idee der weitgehend von motorisiertem Individualverkehr befreiten
Bebauung begrüßen wir, wobei wir fordern, in einem autobefreiten Quartier Raum
für Spiel, Sport und Begegnung zu schaffen. Dafür bedarf es jedoch einer
detaillierten Prüfung der verschiedenen Nutzungen im Gebiet:
- Das Gebiet kann nachhaltig, ökologisch und klimagerecht nur durch den ÖV
erschlossen werden. S-Bahn im Süden und Tram im Norden sowie der Bus sind
hier in das erforderliche Verkehrsgutachten einzubeziehen und bzgl. ihrer
Stärkung näher zu untersuchen. Ein direkter Steg vom S-Bahnhof zum
Quartier ist dazu ein wichtiger Beitrag.
- Die Nutzung der Halle und die „normale“ Nutzung von Büro- und Wohnflächen
führt zu einer hohen Bedeutung des Radverkehrs. In der aktuellen Planung
sind dazu keine Hinweise zu finden, insbesondere keine Stellplatzkonzepte.
Die Flächen dafür sind in der Bebauungsplanung ebenso zu sichern, wie
Radquerverbindungen bspw. vom südlichen Ost-West-Radschnellweg nach Norden
zur Arnulfstraße und Richtung Rotkreuzplatz.
- Die Erdgeschossbereiche sollten kleinteilig und vielfältig genutzt werden,
wobei sie sich am Bedarf für das Quartier orientieren sollten. Der mit
Einzelhandelsflächen verbundene Lieferverkehr sollte über Tiefgaragen und
nicht an der Oberfläche abgewickelt werden.
- Eine weitgehende Reduzierung von der Stellplatzverpflichtung erscheint uns
im gut erschlossenen Innenstadtbereich besonders sinnvoll. Für den
zwingend notwendigen Bedarf an Stellplätzen für Wohnen und Gewerbe sollte
entsprechend der kommunalen Satzung eine Quartiersgarage errichtet werden,
ggf. auch mit flexibel nutzbaren Stellplätzen je nach Bedarfen ihrer
Nutzer.
- Die ökologischen Auswirkungen auf natürliche Versickerung, tatsächlich
mögliche Vegetation und die Situation z.B. Extremwetter, z.B. Starkregen
sind vorab zu untersuchen. Reduktionen der Stellplatzverpflichtungen sind,
insbesondere durch die o.g. Maßnahmen für ÖV und Radverkehr wie durch eine
weitgehende Befreiung von der Stellplatzverpflichtung v.a. für Projekte
des autofreien Wohnens unbedingt umzusetzen.
Daher halten wir die Idee eines Verkehrsgutachten mit variantenbasierten
Simulationen unter Einbezug überbezirklicher Auswirkungen für zwingend
erforderlich. Es sollte darauf ausgerichtet sein, vor allem (CO2-emittierende)
motorisierte Individualverkehre zu vermeiden, Lieferverkehre intelligent zu
organisieren und eine kompakte Stellplatzlösung mit reduzierter Stellplatzzahl
für die Hauptnutzungen Wohnen, Büro und Einzelhandel zu finden. Dazu sind bei
der Aufstellung des Bebauungsplans sämtliche rechtliche Möglichkeiten
auszuschöpfen, ggf. auch durch die Änderung bestehender kommunaler Satzungen.
Kapitel 5: Paketposthalle
Die Sanierung und Öffnung der Paketposthalle für die Bevölkerung ist zu
begrüßen. Das einst größte Tonnengewölbe Europas ist ein beeindruckendes
Denkmal. Als 18.000qm großer, überdachter öffentlicher Raum wird sie einen
großen Gewinn für das neue Quartier. Der Investor wünscht einen belebten Raum
mit Kulturnutzungen im Untergeschoss. Die öffentliche Zugänglichkeit und eine
weitgehend nicht-kommerzielle oder kulturwirtschaftliche Nutzung sind sicher zu
stellen. Dies beinhaltet auch die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur
(WCs, Strom, Sicherheit etc.).
Die große leere Fläche bedeutet Luxus und einen breiten Horizont möglicher
Aneignungsformen. Um diese Aneignung lebendig zu gestalten, muss das
Gesamtkonzept von der Stadt München unter Einbindung der Bürgerinnen und Bürger
und des benachbarten Backstage entwickelt werden. Die Nutzungen der Halle sind
generationen- und sozialgerecht abzuwägen und die Trägerschaft, z.B. durch einen
Kulturverein, rechtsverbildlich zu klären.
Die Halle muss als Knotenpunkt des Quartiers fungieren. Daher braucht es neben
wechselnden Events auch permanente Angebote, die Publikum anziehen und die große
Fläche strukturieren:
- Gastronomische Angebote wie ein Foodcourt, Foodtrucks, rollende
Espressobars, Wochenmärkte
- Flohmärkte, Designmärkte, Kunsthandwerk, Verkostungen, Reparaturcafé
- Sportmöglichkeiten (z.B. Basket-/Volleyball, Tischtennis, Bouldern,
Parkour)
- Plätze zum Verweilen auch für ältere Menschen mit Schach, Boule u.ä.
- Spielbereiche für Kinder
Darüber hinaus sollte mit einem evtl. mobilen Amphitheater ein flexibler
Veranstaltungsort für Kino, Theater, Musik und Town Hall Meetings geschaffen
werden. Feste Einbauten auf der Hallenfläche - in sehr reduzierter Kubatur -
können Struktur und Angebote schaffen.
Im Kellergeschoss kann ein Raumgeflecht mit den Schwerpunkten Kunst,
Musikproberäume, Tanz, Sport und einem spartenübergreifendem Veranstaltungssaal
entstehen. Die Ausgestaltung muss mit dem Backstage auf Synergien statt
Konkurrenz setzen. Alle Veranstaltungen sollten in einem für das Quartier
bewältigbaren Maßstab abgewickelt werden.
Es braucht eine sorgfältige Analyse der akustischen und klimatischen Bedingungen
und flexible architektonische Lösungen: von räumlichen und akustischen
Abgrenzungen (z.B. bewegliche Pflanzen) über Zonierungen durch Beleuchtung und
Bodenmarkierungen, einen geeigneten Bodenbelag bis hin zu mobilen
Sitzgelegenheiten. Regenerative Wärmequellen für den ganzjährigen Aufenthalt an
wenigen Punkten sind zu prüfen. Eine Vielzahl an Tonröhren kann die
Musikgeräusche des Kulturzentrums gezielt an die Oberfläche bringen. Ein weithin
sichtbarer gelber Briefkasten erinnert an die vormalige Nutzung. Eine
Bodenmarkierung kann auf die damaligen Bahngleise deuten.
Ein spannendes Projekt, das eine Bereicherung für die Stadt München werden kann
und soll!
Kapitel 6: Wohnen
Wohnraum in München ist ein knappes Gut, insbesondere für Haushalte mit geringem
oder mittlerem Einkommen. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist daher eine
fundamentale Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Hochpreisige Wohnungen sind
meist Spekulationsobjekte, die nicht dazu beitragen München urbaner und
vielfältiger zu machen.
Wir fordern daher die Planungsbeteiligten auf, die Voraussetzungen zu schaffen,
ausreichend Wohnraum für diese Bevölkerungsgruppen auf mindestens 50% der final
ausgewiesenen Bauflächen des Plangebietes zu schaffen. Das Instrument ist dafür
die SoBoN, aber die Umsetzung der formal geltenden Regelungen Stand 2017 sollte
dringend übertroffen werden. Es sollten Flächen auch an Genossenschaften
vergeben werden, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu sichern, sowie eine
möglichst hohe Mietwohnungsquote festgesetzt werden.
Die unterschiedlichen geförderten, preisgedämpften und freifinanzierten
Wohnungen in Miete oder Eigentum sind idealerweise im Quartier frei zu
verteilen. Auch die Hochhäuser sind nicht davon ausgenommen.
Die Vielfalt der Wohnbedarfe und Lebensphasen sollte sich in entsprechenden
Angeboten widerspiegeln, d.h. individuelle Angebote für Jung und Alt oder
gemeinschaftlich für Großfamilien, Mehrgenerationenprojekte, als Cluster-Wohnen
sowie durch Sharing-Modelle für ergänzendes Kurzzeit-Wohnen, Repair-Cafés,
Mobilität, o.ä. Atelierwohnungen oder Wohnungen mit Co-Working-Räumen
unterstützen den Kunst-/Kultur-Schwerpunkt im Quartier.
Die geplanten Blockstrukturen sind ein sehr starkes strukturelles Element, das
daher einer Auflockerung und Vielfalt in der Ausführung Bedarf. Die Umsetzung
der sechs- bis max. achtgeschossigen Wohngebäude sollte v.a. im Holzbau oder
hybriden Holzbau erfolgen, idealerweise nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Die
Innen- und Außenräume können von allen Nutzer*innen Tag und Nacht ohne physische
und psychische Barrieren genutzt werden und sollen auch von diesen flexibel mit
gestaltbar sein. Der Übergang zwischen den höhenliegenden begrünten Innenhöfen
und den autofreien Gassen auf Erdgeschoss-Ebene ist auf seine Barrierefunktion
für Nutzer*innen und für ein klimatisch-wirksames Verbundsystem zu überprüfen.
Zusätzlich sollte die aktuell mangelhafte bioklimatische Situation durch
Fassaden- und Dachbegrünung verbessert werden. Dabei ist auf den Dach- und
Hofflächen ein intelligenter Ausgleich zwischen humanen,
gemeinschaftsorientierten Nutzungsansprüchen und den Bedarfen der Natur (v.a.
mit Blick auf den Artenschutz von Vögeln und Insekten) eine spannende
Planungsaufgabe.
Kapitel 7: Hochhäuser
München ist eine europäische Stadt, die sich durch Kompaktheit, Urbanität und
eine besondere Bedeutung von Grünelementen auszeichnet. München ist baulich
homogen und soziokulturell divers. Das macht die Attraktivität einer der
lebenswertesten Städte der Welt aus.
Zeichenhafte Gebäude mit Fernwirkung und die punktuelle Verdichtung von
Nutzungen können an sorgfältig ausgewählten Stellen städtebaulich durchaus
sinnvoll sein. Dafür braucht es aber ein übergreifendes Konzept, das mögliche
Akzentsetzungen in einen Sinnzusammenhang stellt, wie es im Entwurf der
Hochhausstudie vorgelegt wurde. Hochhäuser in der geplanten Form, an der Grenze
zum Wolkenkratzer, sind bisher kein Element urbaner Entwicklung der bayerischen
Landeshauptstadt. Wir Grüne in Neuhausen-Nymphenburg respektieren die
Entscheidung der Bürger*innen aus dem Jahr 2006 zur Höhengrenze von 100m. Sollte
sie geändert werden, so können das nur die Bürger*innen Münchens selbst. Sie
sind der Souverän dieser Stadt und haben hier das alleinige Wort. Das sollte
durch einen Ratsentscheid erfolgen.
Damit diese Gebäude, egal mit welcher Höhe sie final errichtet werden, keine
Büro- / Hotelmonolithe bleiben, ist planungsrechtlich für diese Flächen ein
„Urbanes Gebiet“ gem. §6a BauNVO festzusetzen. Eine geschossweise
Nutzungsmischung wird damit möglich, mit Nutzungen, die mit ihrer Umgebung
korrespondieren. Eine öffentliche Nutzung der Erdgeschoss- und Obergeschosse
sind vorzusehen.
Die architektonische Umsetzung der Hochpunkte und Wohnquartiere soll nach dem
Bürgerbegehren oder -entscheid durch Realisierungs- Wettbewerbe präzisiert
werden. Dabei sollte als Anforderung auch eine realistische Visualisierung zur
Überprüfung der Sichtachsen gelten sowie eine kritisch-kreative
Auseinandersetzung mit den mikroklimatischen Auswirkungen (Verschattungswirkung,
Wind) ggf. hoher Gebäude auf die Umgebung. Die Gebäude des aktuellen Masterplan-
Entwurf verschatten große Teile der (Wohn-)Bebauung auch angrenzender Viertel
mit negativen Konsequenzen für die Hofbelichtung und regenerative
Energieerzeugung.
Im Rahmen des städtebaulichen Wettbewerbs müssen auch Aussagen zur
Verkehrsanbindung und -erzeugung der Gebäude erfolgen. Diese sollten
idealerweise das beabsichtigte Verkehrsgutachten einbeziehen bzw. teilräumlich
präzisieren. Ziel sollte hier sein, die Verkehrswende vorauszudenken und die Ziel sollte sein, einem wesentlichen Nutzeranteil eine autofreie Verbindung zu ermöglichen. Hierfür wird ein zeitgemäßes, hauseigenes Verkehrsmanagement eingeführt.
aktuelle Stellplatzsatzung anzupassen.
Es muss der Anspruch der Bebauungs- und Bauplanung sein, modernen Kriterien
nachhaltigen Bauens zu entsprechen. Der Klima- und Artenschutz soll hier die
Leitlinie sein. Wir haben keinen Planeten B. Klimaneutrale Gebäude sind
energieautark und werden reziklierbar errichtet (Cradle2Cradle-Prinzip). Bei
Beachtung dieser Aspekte wird der Eingriff minimiert und ein Zeichen gesetzt –
ein Münchner Zeichen für Hochhausbau!
Kapitel 8: Kinder, Jugendliche, Senioren und Menschen mit
Behinderung
Die Stadt gehört allen Bürger*innen, auch jenen, die meist keine Stimme haben
und nur selten gehört werden. Dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche.
Auch Senioren und Menschen mit Behinderung haben oft keine ausreichende Lobby.
Abseits davon sind alle diese Gruppen sehr heterogen, so dass Interessen nicht
gebündelt und mit einer Stimme artikuliert werden.
Das Areal an der Paketposthalle ist eine Chance zu zeigen, wie der öffentliche
Raum inklusiv nach den Prinzipien des Design for All gestaltet werden kann. Eine
selbstverständliche barrierefreie Gestaltung des autofreien, öffentlichen Raums,
die Integration von altersgemäßen Spiel- und Spaßelementen in die Straßen- und
Freiraumgestaltung führt zu einer vielfältig nutzbaren Erlebniswelt.
In den grünen Innenhöfen der Wohnblöcke sind gut erreichbare Spielangebote
vorzusehen.
Durch rund 1.100 neue Wohneinheiten werden auch viele Kinder und Jugendliche
hier eine neue Heimat finden. Sie sollten wohnortnah in Kindertageseinrichtungen
und Schulen gehen können. Daher fordern wir eine kritische Analyse der Situation
der Kita-, Grundschul- und Gymnasialsituation in der Umgebung. Insbesondere der
langgezogene Sprengel der Margarethe-Danzi-Schule in Nymphenburg Süd könnte
durch eine ein- bis dreizügige Grundschule mit Tagesheim entzerrt werden. Das
Käthe-Kollwitz-Gymnasium ist bereits jetzt an seiner Kapazitätsgrenze. Um v.a.
die Belegung der Sporthalle in der Trojanostraße zu entzerren, müsste geprüft
werden, ob im Plangebiet Platz für eine neue Turnhalle für die Real- und
Mittelschulen Neuhausens geschaffen werden könnte.
In und um die Halle herum sollten für Kinder, Jugendliche und Senioren
niedrigschwellige und barrierefrei zugängliche Freizeit- und Kulturangebot
geschaffen werden. Daher ist bereits in der Bebauungsplanungsentwurfsphase mit
entsprechenden Trägervereinen und dem Behindertenbeirat der LHM eine Abstimmung
durchzuführen. Kinder und Jugendliche aus der Umgebung könnten durch Workshops
in die Nutzungsfindung mit einbezogen werden.
Den Bau einer Einrichtung für alte Menschen begrüßen wir. Angebote der
Altenpflege sollten baulich-sozial so in das Gefüge der Wohnbebauung integriert
werden, dass es zu keiner Ghettoisierung der dort lebenden Bewohner kommt.
Betreute Wohnformen lassen alle Menschen im Sinne eines Mehrgeneration-Ansatzes
das Leben in Würde und mit der größtmöglichen Autonomie zu. Dadurch kann ein
lebendiges Quartier entstehen, in dem alle Altersgruppen ihre Räume finden und
gemeinsam voneinander profitieren können.
Kapitel 9: Beteiligung - Einbeziehung der Bürgerschaft in
das Verfahren
Das einzigartige Projekt Paketposthalle erfordert zwingend einen intensiven
Einbezug der Bevölkerung über die rein formale Beteiligung im
Bebauungsplanverfahren hinaus. Das betrifft besonders die beiden Hochhäuser, da
seit einem Bürgerentscheid 2004 die Obergrenze von 100m zwar bisher nicht
rechtlich, aber politisch Grundlage aller Entscheidungen der Stadtplanung blieb.
Die neue Hochhausstudie hat das Ziel, eine verbindliche Grundlage für die
Bewertung von zukünftigen Hochhausprojekten zu schaffen und würde im
vorliegenden Entwurf stadtweit in bestimmten Zonen Hochhäuser über 100m bei
Erfüllung der in der Studie definierten Anforderungen vorsehen. Die aktuell
ablaufende Beteiligungsphase muss trotz Corona eine qualifizierte und ehrliche
Einbeziehung der interessierten Öffentlichkeit sicherstellen, bevor darüber
politisch entschieden wird. Da das Votum von Bürgerentscheiden in München bisher
immer auch politisch langfristig gültig blieb, sollte die Hochhausstudie als
neue Planungsgrundlage ohne die 100m Obergrenze nicht nur im Stadtrat
beschlossen werden, sondern die Entscheidung über einen Ratsentscheid auch von
der Bevölkerung bestätigt werden. Dies ist Voraussetzung, um planungsrechtliche
Sicherheit für die Paketposthalle zu haben. Das ob eines einzelnen
Hochhausstandorts eignet sich dagegen nicht für eine Beteiligungsentscheidung im
Viertel oder auch stadtweit.
Die Überplanung des Paket Post Areals ist ein Schlüsselprojekt für die Zukunft
Neuhausens. Die Planungen sind die Chance, die Stadtviertelbewohner*innen ihre
Vorstellungen entwickeln zu lassen, welchen Beitrag es für eine gutes Leben vor
Ort leisten kann. Der Bezirksausschuss soll hierfür unverzüglich geeignete
Formate anbieten. Der interdisziplinäre Beirat muss dann Scharnier sein, die
Ergebnisse in den Planungsprozess zu integrieren. Der Vorschlag aus dem
Planungsreferat, für die Bewertung der Planungen und weitere Impulse auch das
Instrument des Bürgergutachtens einzusetzen, wird als interessante Ergänzung
begrüßt.