Antragsteller*innen: | Stadtvorstand (dort beschlossen am: 20.06.2024) Anna Hanusch Florian Schönemann Mona Fuchs |
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Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
LA: “Lebenswerte Stadt für alle – Menschen in München vor Hitze und Starkregen schützen!“
Antragstext
Einleitung
Die klimatischen Veränderungen durch den anthropogenen Klimawandel stellen
gerade eine dicht besiedelte Stadt wie unsere vor immense Herausforderungen.
Extreme Hitze, lange Trockenperioden und gleichzeitig Starkregenereignisse sind
immer häufiger und intensiver geworden und ihre Auswirkungen bedrohen die
Lebensqualität und Gesundheit der Menschen in München und schädigen unsere
Umwelt. Es ist daher unabdingbar, präventive und nachhaltige Maßnahmen zu
ergreifen, um München zu einer widerstandsfähigen, klimaresilienten und
lebenswerten Stadt für alle zu machen.
Dabei sind beide Aspekte wichtig – die Anpassung an die Folgen eines sich in
rasendem Tempo verändernden Klimas und die Prävention. Wir Grüne München machen
es uns deshalb schon seit langem zur Aufgabe, sowohl unsere bestehenden, als
auch in Planung befindlichen Stadtbezirke klimaresilient zu gestalten. Das
wollen und werden wir auch weiter verstärkt tun.
Nur mit nachweislich effektiven, tiefgreifenden und zeitnah umsetzbaren
Maßnahmen können wir auch sozial vorbeugen. Denn es sind vor allem alte, junge
oder kranke Menschen, für die große Hitze und Trockenheit gefährlich sind. Und
wer am Ende des Monats jeden Euro zweimal umdrehen muss und nicht die
Kapazitäten und Möglichkeiten hat, selbst vorzusorgen, der soll sich auf eine
verantwortungsvolle und weitsichtige Stadtregierung verlassen können. Es geht
also um den körperlichen und sozialen Schutz aller Menschen ob arm oder reich,
ob alt oder jung. Sie alle müssen sich in München auch in einigen Jahren und
Jahrzehnten noch gut aufgehoben fühlen.
Mit diesem Leitantrag wollen wir Grüne München den Weg hin zu einer Großstadt
zeichnen, die trotz der laufenden und noch kommenden Klimaveränderungen
lebenswert für über eineinhalb Millionen Menschen bleibt. Dafür entwickeln wir
eine umfassende Strategie und Maßnahmen.
Der Fokus liegt insbesondere auf den Themen
- Umsetzung des Schwammstadtprinzips mit Maßnahmen zum Wasserhaushalt, der
Entsiegelung und Schaffung von mehr Flächen zur Versickerung und
Wasserspeicherung sowie der Renaturierung und Freilegung unserer Bäche und
Flüsse.
- Hitzeanpassung der Stadt durch mehr Verschattung, Baumpflanzungen,
Begrünung von Fassaden und Dächern.
- Hitzeaktionspläne mit angepasstem Verhalten bei Hitzeperioden, mehr
Trinkwasserbrunnen und Plänen zu kühlen und schattigen Orten.
So bleibt München auch bei Hitze cool, so
bewältigen wir Starkregen und Dürre
Starkregen und Dürreperioden bedürfen eines Wasserhaushalts- und -
kreislaufsystems das diese Extreme abpuffert und ausgleicht. Die hochverdichtete
Stadt kann mit Dächern, Straßen und Plätzen dem Wasser ohne Anpassungen keinen
Raum bieten. Die Kanalisation ist von den Wassermengen überfordert und die
Folgen sind überschwemmte Straßen und nasse Keller. Aber gerade auch in Zeiten
der Dürre ist die Kanalisation nicht der richtige Ort für das wenige
Regenwasser. Umso mehr Versickerungsflächen die Stadt bietet, um das wertvolle
Wasser zu speichern, desto ausgeglichener ist sowohl der Wasserhaushalt in
Dürrezeiten als auch der Kühleffekt durch Verdunstung. Um all dem Rechnung zu
tragen sind verschiedene Maßnahmen für eine ausgeglichene grün-blaue
Infrastruktur in der Landschaft und in der besiedelten Fläche notwendig.
Entsiegelung und Begrünung:
Wir fordern eine konsequente Entsiegelung von Flächen in der Stadt, um die
Versickerung von Regenwasser zu ermöglichen. Entsiegelte Flächen sollen durch
Grünflächen mit wassergebundenen Wegen ersetzt werden, die nicht nur das
Mikroklima verbessern, sondern auch als Retentionsflächen bei Starkregen
fungieren.
Dabei greifen wir auf Möglichkeiten wie das Auflassen von Parkplätzen (bspw.
durch Rasengittersteine) und die Verbreiterung von Baumgräben und Grünstreifen
ebenso zurück wie auf die weitere Begrünung und Baumpflanzungen.
Große Chancen zur Entsiegelung bietet die Tram, deren Gleistrassen als Grüngleis
erhebliches Entsiegelungspotenzial bieten. Das vorhandene Netz werden wir auf
weitere Grüngleispotenziale untersuchen, auch mit der Trennung von Tram und MIV.
Bei neuen Strecken werden wir abschnittsweise den Anteil von Grüngleisen
maximieren und die Variante mit hohem Grüngleisanteil bevorzugen, soweit es die
finanziellen Möglichkeiten der Landeshauptstadt zulassen.
Rückhaltung und Versickerung:
Der Ausbau von Rückhaltebecken und Versickerungsflächen ist essenziell, um
Starkregenereignisse besser bewältigen zu können. Diese Maßnahmen verhindern
Überschwemmungen und tragen dazu bei, das Grundwasser aufzufüllen. Ziel muss
sein, dass nur in Ausnahmesituation das Wasser in Rückhaltebecken gesammelt und
durch die Kanalisation abgeführt wird. Vorrang hat eine stadtweit möglichst hohe
Speicherung im Boden.
Parks und Grünanlagen:
Grünflächen mit Rasen, Bäumen, Pflanzen und Gewässern sind Orte der Erholung.
Gleichzeitig sorgen sie als natürliche „Klimaanlagen“ für eine spürbare Senkung
der Temperaturen. Bei Starkregenereignissen wirken sie wie gigantische Schwämme,
die Flüssigkeit aufnehmen. Mit der Unterstützung des Bürgerbegehrens
„Grünflächen erhalten“ hat unsere Stadtratsfraktion deutlich gemacht, dass wir
weiter daran arbeiten werden, noch mehr dieser Flächen zu erhalten und – wo
möglich – neu zu schaffen.
Einen besonderen Fokus legen wir Grüne auf den Schutz und Erhalt von Bäumen. Bei
Bauvorhaben muss immer jede Möglichkeit geprüft werden, wie alter Baumbestand
ins Vorhaben integriert werden kann und nicht weichen muss, oder, falls nicht
anders möglich, ortsnah umgepflanzt werden kann. Werden neue Flächen begrünt,
sollen dort so viele neue Bäume wie möglich gepflanzt werden. Hierbei sollen
möglichst heimische, aber vor allem klimaresiliente Arten gepflanzt werden.
Neue Wohnquartiere, Gebäude, Parks und Straßen müssen nach dem
Schwammstadtkonzept umgesetzt werden, bei dem die Speicherfähigkeit z.B. durch
den Bodenaufbau noch erhöht wird.
Wasserdurchlässige Straßen und Plätze
Permeable Materialien:
Straßen und Plätze sollen vermehrt mit wasserdurchlässigen Materialien gestaltet
werden, um die Versickerung zu fördern und Überflutungen zu vermeiden. Hierbei
werden auch Möglichkeiten geschaffen neue Materialien der hydroaktiven
Verkehrsgestaltung auszuprobieren.
Integrative Stadtplanung:
Eine integrative und nachhaltige Stadtplanung muss sicherstellen, dass neue
Bauprojekte die Prinzipien der Schwammstadt berücksichtigen und konsequent
umsetzen. Auch müssen sogenannte Hitzeinseln, also Bereiche die sich besonders
stark aufheizen, identifiziert und durch die obenstehenden Maßnahmen prioritär
umgestaltet werden. Hitzeinseln entstehen auch durch Fassaden- und Dachfarben,
so dass hier mehr Spielraum in der Gestaltung ermöglicht werden muss.
Isarauen und Gewässerpflege:
Die Renaturierung der südlichen Isarauen 2011 ist ein von uns angestoßenes
grünes Erfolgsprojekt das uns gerade wieder vor größeren Überschwemmungen der
Stadt bewahrt hat. Dazu bietet sie einen hohen Freizeitwert für die Menschen und
Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.
Dieses Konzept muss an der Isar und weiteren Gewässern, wie zB der Würm und dem
Hachinger Bach ebenfalls umgesetzt werden.
Begrünte Dächer und Fassaden:
Begrünte Dächer und Fassaden tragen erheblich zur Reduktion der Hitzebelastung
bei. Sie bieten zusätzliche Grünflächen, verbessern die Luftqualität und helfen,
Regenwasser zu speichern.
Deshalb wollen wir bestehende Förderungen für private Eigentümer*innen
attraktiver und unbürokratischer gestalten und in Bebauungspläne und Satzungen
stärkere Festsetzungen treffen um noch mehr Grün am Bau umzusetzen.
Verschattung und Solarpaneele:
Öffentliche Plätze und Straßen sollen in erster Priorität durch Baumpflanzungen
verschattet werden. Wo Grenzen gesetzt sind, können Rankhilfen und Pergolen die
Aufenthaltsqualität verbessern und Kühlung bieten. Solarpaneele können
zusätzlich zur Energiegewinnung beitragen und bspw. auf Parkplätzen gleichzeitig
Schatten spenden. Sollten diese Maßnahmen nicht umsetzbar sein, ist auf
Sonnensegel zurückzugreifen.
Blaue Infrastruktur:
Wasserelemente wie Brunnen, Teiche, Bachläufe oder Wasserrinnen sollen in der
Stadtplanung verstärkt berücksichtigt werden. Sie wirken kühlend und verbessern
das Stadtklima. Wir holen bestehende Bäche an die Oberfläche.
Trinkwasserbrunnen:
Die Einrichtung von Trinkwasserbrunnen an stark frequentierten Orten bietet
nicht nur eine Erfrischung an heißen Tagen, sondern trägt auch zur
Gesundheitsförderung bei. Wir führen das 100-Brunnen-Programm deshalb fort und
weiten es auf die gesamte Stadt aus.
Hitzeaktionspläne
Frühwarnsysteme und Notfallpläne:
Es ist wichtig, ein Frühwarnsystem für Hitzewellen zu etablieren und
Notfallpläne zu entwickeln, um besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu
schützen.
Aufklärung, Sensibilisierung und Aktionspläne:
Informationskampagnen sollen die Bevölkerung über die Risiken von Hitze und die
richtigen Verhaltensweisen informieren. Besonders ältere Menschen und Kinder
brauchen spezifische Schutzmaßnahmen. Für Hitzetage sollen Notfallpläne
entwickelt werden, wie Menschen gewarnt werden können, beispielsweise über
Warnketten, Durchsagen oder Infoscreennachrichten.
Frischluftschneisen
Frischluftschneisen leiten frische und kühlere Luft in die erhitze Stadt. Für
die Stabilisierung unseres Stadtklimas sind sie unerlässlich. Deshalb tun wir
alles für den Erhalt der bestehenden Frischluftschneisen und setzen diese auch
als Voraussetzung bei der Bauplanung. Klimaanpassungsprüfungen und eine neue
Flächenkulisse Luftaustausch ermöglichen uns die Sicherstellung der Frischluft
aus dem Umland ebenso wie in innerstädtischer Bau- und Grünplanung.
Fazit
Eine lebenswerte Stadt für alle erfordert ein entschlossenes Handeln und die
Zusammenarbeit aller Akteur*innen: der Politik, Verwaltung, Wissenschaft und
Zivilgesellschaft. Wir müssen unsere Stadt jetzt fit für die Zukunft machen und
durch nachhaltige Maßnahmen sicherstellen, dass München auch in Zeiten des
Klimawandels ein sicherer und lebenswerter Ort bleibt. Wir fordern daher den
Stadtrat auf, diesen Leitantrag zu unterstützen und die vorgeschlagenen
Maßnahmen zügig umzusetzen.
Unterstützer*innen
- Gudrun Lux
- Sandra Tänzler
- Kathrin Düdder
- Barbara Epple
- Marina Burwitz
- Gabriele Graswald-Vidovic
- Christian Wiedemann